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Außenpolitik ohne Rückgrat

Was hat die deutsche Außenpolitik nur gegen Aung San Suu Kyi? Ist das ein Erbe der DDR, die eine Uniform jedem Dissidenten vorgezogen hat? Hat sich über Sprachlehrer und Akademiker ein gewisses Naserümpfen über ein für deutsches Befinden sehr ordnungsfremdes, emotionales und oft in sich inkonsistentes Verständnis von Demokratie bei birmanischen Aktivisten bis in die Ebenen der Diplomatie und Wirtschaftsstrategen forgetragen, wo es auf ein ohnehin schon nicht ganz einfaches Verhältnis zur Basisdemokratie getroffen sein mag?

Der Artikel “The Eye of the Storm” von Aung Zaw, dem Chefredakteur vom Irrawaddy, beschreibt es so vielsagend, dass ich es hier einfach (übersetzt) zitiere:

Zusätzlich zum Drängen auf internationale Unterstützung für Thein Sein und seine neue Regierung waren Einige in der internationalen Gemeinschaft bemüht, Suu Kyi in die Bedeutungslosigkeit zu drängen. Tatsächlich hat der deutsche Botschafter in Birma, Julius Georg Luy, monatelang versucht gehabt, Suu Kyi auf den selben Platz zu verweisen wie Vertreter kleiner demokratischer Parteien, denen Birmas Militärregime erlaubt hatte, in den vorgetäuschten Wahlen Parlamentssitze zu gewinnen, um ihnen so Legitimität zu verleihen.

Am 14. März hielten die europäischen Botschafter in Birma ein Treffen hinter geschlossenen Türen ab, um über ihre Positionen bezüglich der damals anstehenden Neubewertung der EU-Sanktionen zu diskutieren. Wie eine gut informierte Quelle verraten hat, hat sich der deutsche Botschafter dagegen ausgesprochen, Suu Kyi’s Namen in offiziellen EU-Verlautbarungen zu erwähnen.

 

Luy sei, so der Artikel, auch gegen ein gesondertes Treffen mit Suu Kyi – immerhin die unangefochtene Oppositionsführerin und Siegerin der letzten demokratischen Wahlen im Land – gewesen. Der Eindruck drängt sich folglich auf, dass hier die deutsche Diplomatie versucht, sich beim Regime durch besondere Stromlinienförmigkeit hervorzutun.

Es ging hier ganz eindeutig nicht darum, den Dialog jenseits von Suu Kyi zu erweitern oder einen naiven und kontraproduktiven Personenkult um ihre Person zu vermeiden – beides sehr legitime Ansinnen. Dem damaligen Diktator Than Shwe war sie ein Dorn im Auge, so dass nun einige, statt den Diktator zu bekämpfen, vielmehr versuchten, den Dorn zu beseitigen. Warum?

Vielleicht sind es ganz banale wirtschaftliche Interessen, es geht um Geld und den deutschen Komplex, den man seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges mit seiner ökonomischen Superpotenz zu heilen versucht, mit Qualität Made in Germany und Export(ex)weltmeistertiteln. Wo immer in der Welt die Kolonialmächte verschwunden sind, dort kommt nun die Nation, die mit ihren Kolonien immer in der zweiten Liga hat spielen müssen. Vielleicht aber ist es auch ganz einfach nur eine Obrigkeitsethik, der zufolge jede Autorität ein Beleg von Erfolg ist und somit ihre Legitimität im Sinne des Leistungsdenkens automatisch in sich trägt. Und jede Junta und ihre demokratischen Fassaden erfüllen natürlich auch die Sehnsucht nach Ordnung und berechenbaren Zuständen.

Dies sind nur ein paar unverbindliche Erklärungsversuche, die mir einfallen, wenn ich die Motive für den Versuch, die Dissidentin politisch auszuschalten, zu verstehen versuche. Der Begriff “vorauseilende Gehorsamkeit” fällt mir ein – leider wohl noch immer ein peinliches Stück deutschen Kulturgutes. Wenn Birma eines Tages zur wirklichen Demokratie finden wird, dann wird man als Deutscher wohl nur sehr kleinlaut – oder mit dickem Portemonnaie – ins Land reisen können. Erwartungsgemäß eher mit dickem Portemonnaie.

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Libyen ja, Birma nein. Warum eigentlich?

Die Diskussion geht weiter, warum die deutsche Regierung im Umgang mit Regimen so verschiedene Maßstäbe anlegt. Mich interessiert dieser Aspekt jedoch nicht so sehr von der Seite Deutschlands, sondern von derjenigen der betroffenen Bevölkerungen, im vorliegenden Fall derjenigen in Birma (alias Burma oder Myanmar, oder was noch demnächst an Neusprech auf uns zukommen mag).

Es scheint in der Tat so zu sein, dass hier eine erstaunliche Nachsicht mit den Diktatoren in Naypyidaw (zuvor ansässig in Rangun/Yangon), ja fast schon Sympathie aufscheint. Die Menschenrechtsverletzungen werden zwar keineswegs gebilligt, die ökonomische Misere im Land ist ganz klar eine Folge der Ausbeutung durch das Regime, aber dennoch, so entsteht der Eindruck, solle man, der deutschen Position zufolge, doch bitte nicht ganz so hart mit ihnen ins Gericht gehen. Landminen, Kindersoldaten, Vergewaltigung als Waffe im Kampf gegen ethnische Gruppen, Pressezensur, Folter, jahrzehntelange Haftstrafen für Regimekritiker, Ausbeutung eines ganzen Landes zugunsten einer relativ kleinen Elite – wo den meisten Menschen nur noch die Fassungslosigkeit angesichts der Grausamkeit dieses Regimes bleibt, da haben andere offenbar die Fertigkeit entwickelt, in jeder Blutlache ein goldenes Haar zu finden, und sei es noch so klein. Im neuen Parlament säßen, so heißt es etwa, nun auch ein paar Prozent Abgeordnete, die eigentlich Änderungen anstreben – auch wenn sie nicht können und obgleich der Anteil der Frauen lediglich 3% beträgt, ohne Anteil an Ministerposten. Man hört viel von der Kraft des Dialogs und einer Abkehr von einer Poltik dogmatischer Positionen, zu der sich Deutschland als verbissener (Ex-)Exportweltmeister aber sicher nie so ganz hatte durchringen können.

Wer sich länger mit dem Thema beschäftigt, der fragt sich allerdings, wie hier eigentlich Dialog verstanden wird. Wie wir alle wissen, ist Dialog nicht einfach ein gepflegtes Beisammensein auf gehobenem Niveau, wo man sich in gewählten Worten zu verstehen gibt, dass man verschiedene Ansichten vertritt. Dialog, die Vertiefung von Kontakten, bilaterales Engagement, und schnell ist man dann bei Investitionen, ohne eigentlich mit seinen Unverbindlichkeiten irgendetwas bewirkt zu haben. Um nicht missverstanden zu werden: Ich bin ein Verfechter von Dialog, von sinnvollem Dialog. Dialog verdient jedoch nur dann sein positives Image, wenn die Möglichkeit seines Scheiterns zugelassen wird. Das heißt, es muss irgendwo eine vorab definierte Grenze geben, markiert durch Kriterien und begrenzt durch einen zeitlichen Rahmen, jenseits derer der Dialog als gescheitert betrachtet werden muss. Ein Dialog, der als ewiger Aufschub oder als Vorwand für Untätigkeit missbraucht werden kann, ist nicht besser, vielleicht aber sogar gefährlicher als Untätigkeit. Und: Als Dialog kann nicht alles gelten, was man so gemeinsam an Zeitvertreib unternimmt. Die Richtung ist durchaus nicht irrelevant.

Wie sieht nun Dialog konkret im Verständnis der Bundesregierung aus? Eine mögliche, wenn auch nicht sehr zufrieden stellende Anwort, findet sich in einem Artikel der Exilzeitung Mizzima mit dem sprechenden Titel: “Germany offers Burmese diplomats training and football tickets”. Dort ist davon die Rede, dass Diplomaten der Militärjunta zu den Redaktionen der Deutschen Welle und der Zeit gebracht wurden, was sich vielleicht noch als Erziehung im Sinne der Medienfreiheit auslegen lässt – natürlich stark abhängig vom Inhalt der Gespräche. Ein wenig schwieriger wird es bei Besuchen in Hamburg bei Airbus. Und schließlich: Lässt sich Demokratieverständnis und Achtung von Menschenrechten durch Besuche von Fußballspielen stärken? Kann man davon ausgehen, dass die Diplomaten nach dem Abpfiff ihre Handys hervorholten, um, tief gerührt von der eben erlebten Unterstützung der Mannschaft durch ihre Fans, die Freilassung der über 2000 politischen Gefangenen aus heimischen Kerkern in Gang zu setzen? Handelte es sich vielleicht um einen geschickten psychologischen Mechanismus, der durch das Zusammenwirken von Airbus und Fußball ausgelöst werden und dazu führen sollte, dass die Granatenangriffe gegen Dörfer in Ostbirma vermindert würden? Dem ironischen Ton ist wohl nicht schwer zu entnehmen, dass ich da beim besten Willen keinen Zusammenhang feststellen kann. Den Gastgebern ist, um es einmal sehr freundlich zu sagen, zumindest ein gutes Maß an Naivität vorzuwerfen.

Der Vorwurf der Heuchelei wird ganz konkret in dem Kommentar “UN Resolution on Libya Exposes German Hypocrisy on Burma” ausgesprochen, begründet mit der (hier auf Libyen und Birma beschränkten) Beobachtung, dass sich Deutschland nur dort – dann aber durchaus sehr sichtbar – gegen Diktaturen engagiere, wo ein abweichendes Vorgehen hinter den Kulissen aufgrund der öffentlichen Aufmerksamkeit nicht möglich sei. Man erinnert sich bei dem Stichwort “Libyen” an die gleichnamige Affaire, in der erst die Medienöffentlichkeit zum Eingreifen von Politik und Staatsanwaltschaft geführt hatte. Es wäre interessant, welche Argumente gegen diesen Vorwurf vorgebracht werden und womit dieses so konträre Vorgehen in den Fällen Libyen und Birma begründet wird, das sich in der Tat nur in einem wesentlichen Punkt zu unterscheiden scheint: Die Augen der Welt sind auf Libyen gerichtet, während die verstreuten und vagen Informationen aus Birma zumeist erst die Interpretationsmaschinerie der Junta zu durchlaufen scheinen, insofern sie nicht von Vertretern der Bevölkerung kommen. Nicht selten, jedoch, scheint sich die Bevölkerung von vornherein unterhalb des Radars der Diplomatie zu befinden. Vielleicht schon deshalb, weil sie sich nicht so gewählt auszudrücken vermag und in ihren Dialogen sehr schnell zur Sache kommt – was nicht verwundert, wenn die eigenen Familien bedroht sind.

Kürzlich habe ich von einem deutschen Diplomaten erfahren, dass seines Wissens in Birma keine deutschen Firmen tätig seien (abgesehen von Logistik). Auf meine Frage, warum denn dann die Regierung den doch sehr ernsthaften Vorwürfen nicht entgegen trete, erfuhr ich, dass dies nur zu “Verwirrung” führen würde. Es bleibt also zu hoffen, dass die birmanischen Diplomaten ihr Verständnis von Transparenz und Basisdemokratie in anderen Ländern lernen, und nicht auf deutschen Lehrgängen.

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Ein kolonialistisches Verhältnis zu Demokratie in Birma?

Um Demokratie und Stabilität in einer Diktatur zu erreichen, darf man sich nicht nur an die betreffende Regierung halten und mit deren gutem Willen rechnen. Doch auch demokratisch gewählte Regierungen scheinen Probleme zu haben, die fremde Zivilgesellschaft als Partner zu begreifen. Das Streben nach “Recht und Ordnung” räumt zu oft der Ordnung einen hohen Stellenwert ein, und dies im Glauben, dass ein autoritärer Staat zumindest Sicherheit und Wohlstand gewährleiste.

Dass dem nicht so ist, zeigt etwa das Beispiel Birmas, wo sich Wohlstand und Entwicklung auf eine sehr kleine und zudem  u.a. ethnisch bestimmte Gruppe beschränken.

Mir scheint, dass in Deutschland –  vor allem in politischen, institutionellen und gesellschaftlichen Führungkreisen – zudem oft ein gewisses Unbehagen mit fremden Kulturen zu finden ist, bei denen eine politische Betätigung sehr viel persönlicher und emotionaler auftritt, weniger in regulierten, institutionalisierten Formen, und wo sich dies Engagement in anderen Riten ausdrückt und andere Symbole verwendet, als sie in Deutschland geläufig sind (und daher schon gar nicht mehr als kulturelle Eigenheit wahrgenommen werden).

Es darf daher nicht überraschen, wenn sich die Oppositionsbewegung Birmas kritisch zu Wort meldet: Birmas Oppositionschefin fordert mehr deutsches Engagement und “Deutschland könnte mehr für Birma tun”. Sicher, auch die Opposition muss sich Kritik gefallen lassen, aber das gehört  zu einer lebendigen Demokratie, die nicht nur in Vorstandsetagen und Luxushotels stattfindet, sondern sich dort bildet, wo sie am dringendsten benötigt wird und wo es zunächst einmal um das Überleben der Institutionen und ihrer Mitglieder geht.

Der Verdacht hängt immer noch in der Luft, dass wirtschaftliche Interessen den Ausschlag für die Position der deutschen Regierung geben, die nicht unbedingt dazu geeignet sind, Demokratie und die Einhaltung von Menschenrechten zu fördern. Von zahlreichen Investitionen und Kollaborationen mit der Junta wurde schon im Jahr 1996 berichtet. Das Asienhaus schreibt 2004 vom Außenhandel zwischen Burma und Deutschland im Steigflug – wobei sich der daraus folgende Höhenflug sicher nur auf diejenigen Teile der birmanischen Bevölkerung beschränkt, die das Regime am neuen Reichtum teilhaben lässt. Weitere Einzelheiten sind in meinem älteren Beitrag Ein kritischer Blick auf Deutschland und sein Verhältnis zu einer Militärdiktatur zu finden, wo auch Pro Asyl zu Wort kommt.

Ich sehe also zwei Gründe ausschlaggebend für dieses problematische Verhältnis:

  1. Zu einem großen Teil geht es einfach um wirtschaftliche Interessen und eine daraus folgende Vernachlässigung “idealistischer” Werte. Darin steckt auch die Neigung zu einer sehr “kolonialistischen” Einstellung, nach der man auf die Bevölkerung der sogenannten (und so behandelten) “Dritten Welt” mit einer merklichen Geringschätzung hinab blickt, indem man bei ihnen sehr viel geringere Wertmaßstäbe anlegt als bei Landsleuten, zudem mit der Überzeugung, man wisse besser als sie, was gut für sie sei. Diese sehr massive wirtschaftliche und politische Einmischung geht oft mit einer zynisch anmutenden Forderung nach Nichteinmischung einher, was universelle Menschenrechte betrifft.
  2. Daneben trifft man viele Beteiligte, die eigentlich an einer Verbesserung der Lage interessiert sind, die sich aber ihre “Expertenmeinung” bereits als Reisende oder Expats in Birma bilden. Ich würde mir diesen Standpunkt keinesfalls anmaßen und halte es für unglaubhaft, lächerlich oder sogar gefährlich, wenn Ausländer nach kurzer Zeit und mit der Begründung, bereits mehrfach im Land gewesen zu sein und mit örtlichen Partnern zusammenzuarbeiten, behaupten, mit Sicherheit den richtigen Weg weisen zu können. Mit verlässlicher Regelmäßigkeit lässt sich feststellen, dass nicht einmal Birmanen von allen wichtigen Vorgängen in ihrem eigenen Land wissen, was angesichts der unterdrückten Presse und einer Politik der Apartheid nicht verwunderlich ist. Oft lässt sich zudem feststellen, dass sich viele ausländische Experten von der Art der Selbstinszenierung birmanischer Exilaktivisten abgestoßen fühlen, so dass sich ihre Behandlung dieser Thematik dann oft wie eine persönliche Abrechnung ausnimmt.

Möglicherweise lässt sich der Auffassung von Demokratie und der Umgang mit Zivilgesellschaft in anderen Ländern darauf zurückführen, wie man dazu im eigenen Land steht. Deutschlands politischer Mythos lässt sich vielleicht auf den Begriff “Exportwirtschaft” reduzieren. Es bräuchte sicher eingehendere Forschungen, ob dahinter eine moderne Form des Kolonialismus, zumindest aber eine deutsche Variante von Said’s Orientalismus steckt. Mich würde es nicht überraschen.

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Deutsche Regierung unterstützt Junta

Wie die burmesische Exilzeitung Mizzima heute mitteilt, lehnt es die deutsche Regierung ab, die burmesische Militärjunta für Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Verantwortung zu ziehen. Die Begründung klingt, wie so oft, zunächst wie der weise Ratschlag zu einer besonnenen Kooperation – was allerdings angesichts des schon länger anhaltenden Laissez-faire aus Berlin verdächtig bekannt vorkommt und der Verzögerungstaktik des Regimes ganz auffällig entgegen kommt.

Die Frage stellt sich also, ob die zum deutschen Mythos erhobene heilige Kuh Exportwirtschaft wieder einmal das eigentliche Argument liefert. Und tatsächlich bestätigt der Artikel den Verdacht: Die Firma Deckel Maho Gildemeister (DMG) soll Experten und Teile zur Herstellung von Raketenteilen geliefert haben, die Firma Trumpf ein Laserschneidegerät.

Sehen so die ausländischen Investitionen und das berühmt-berüchtigte “Engagement” aus, die die Verbrechen der burmesischen Armee gegen die Karen im Osten des Landes, die Verfolgung von Journalisten und Oppositionellen und die Selbstbereicherung des Regimes beenden sollen?

Das darf wohl bezweifelt werden.

Wenn ich dazu lese, dass die in Rangun ansässige deutsche Diplomatie dabei assistiert, dann fällt mir der Bericht der Historikerkommission über die Verwicklung des Auswärtigen Amtes bei der Deckung von Naziverbrechen ein, die sogar noch lange Zeit in der Bundesrepublik anhielten, und ich denke mir, dass in ein paar Jahrzehnten ein neuer Bericht fällig sein wird darüber, wie die deutsche Außenpolitik Wirtschaftsunternehmen profitieren ließ, indem sie Regime in Schutz nahm.

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Die Wahl der Generäle

Im Vorfeld von Birmas bedeutsamen Wahlen befindend sich unter den eifrigsten Unterstützern der Junta auch westliche Regierungen, die sich schier verrenken, um ihre Haltung zu rechtfertigen.

Übersetzung eines Artikels von Maung Zarni

Birmas Militärregime hat es gelernt, von den Wahlen mit doppelter Zunge zu sprechen und die bevorstehende “Auswahl durch die Generäle” als “demokratische Wahl” zu bezeichnen. Aber es gibt nur wenige Menschen in Birma,  die ihnen das abnehmen, anders als etwa lautstarke Cheerleaders und  Apologeten des Regimes. Dabei hält der alternde Despot, “Senior” General Than Shwe, die Fäden höchstpersönlich in der Hand und erstrebt einen vom Militär dirigierten Übergang von einer direkten Herrschaft zu einer indirekten mit ziviler Maske. Der General lässt sich dabei nicht in die Karten blicken, wenn er seine Untergeordneten und Stellvertreter im Dunkeln lässt und seine Trümpfe als letzte Schritte in der Roadmap to Democracy vermarktet.

Inzwischen können Birmas Nachbarn, von ASEAN bis hin zu China und Indien, das Ende der Wahl – momentan geplant für den 7. November –  gar nicht erwarten, so dass sie fortan internationale Kritik an ihrem Schmusekurs mit der einzigen wahren Militärdiktatur in Süd- und Südostasien abweisen können. Die meisten Birmaexperten (z.B. Brookings Institution und der International Crisis Group) reden von der Notwendigkeit, die angebliche Gelegenheit einer Wachablösung in Naypyidaw zu ergreifen, um die nächste Generation von Offizieren in Richtung wirtschaftlicher Reformen zu drängen – was, so ihr Argument,  eine politische Liberalisierung mit sich bringen werde. Das allzu lebendige Beispiel eines post-maoistischen China jedoch versetzt solch einer unausgereiften Theorie von einer “Entwicklungs-Demokratie” einen herben Dämpfer.

Doch auch die Opposition in Birma ist nicht völlig geeint. Zum beträchtlichen Leid von Aung San Suu Kyi von der größten Oppositionspartei National League for Democracy (NLD) und auch anderer führender Dissidenten unterstützen einige Regierungen der Europäischen Union (zum Beispiel Deutschland) eine kleine Gruppe von NLD-Abtrünnigen ohne öffentlicher Gefolgschaft, die von den Wahlen als einziger Option sprechen – in der Diktion von David Lipman, EU-Botschafter in Bangkok, “the only game in town”. Es dürfte nicht überraschen, dass Suu Kyi und ihre mehrere tausend Kollegen hinter Gittern und ebenso weitere tausende im Exil diese pragmatische Resignation nicht zu teilen vermögen.

Verwässerung von Gift

So wie der freie Markt die Raison d’Être der postsowjetischen Welt ist, so wurde das, was man als “Zivilgesellschaft” bezeichnet, zum politischen Werkzeug, strategischen Schlüsselbegriff und Finanzierungsprogramm. Dieser akademisch oft hinterfragte Begriff – ein Produkt des feudalen Deutschlands im 18. Jahrhundert – war plötzlich en vogue, und dies vor allem unter Entscheidungsträgern, Journalisten und schlauen Praktikanten in westlichen Hauptstädten. Statt eine aufrichtige politische Solidarität mit einigen tausenden birmanischen Dissidenten hinter Gittern und der birmanischen Öffentlichkeit insgesamt zu bezeugen, haben diese westlichen Cheerleaders der Wahlen zugleich Podium und Spesen für unechte “zivilgesellschaftliche” Aktivisten hergegeben, die nicht im Mindesten die öffentliche Stimmung repräsentieren.

Die deutsche Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) ist eine solche in der EU ansässige Institution. Trotz ihres vorgeblichen Ziels, “internationale Gerechtigkeit” zu unterstützen (und obwohl sie nach dem ersten1 demokratisch gewählten Präsidenten des Landes benannt ist), unterhält diese einflussreiche politische Stiftung enge Beziehungen mit dem externen Propagandaflügel des Regimes, so etwa  dem Myanmar Institute of Strategic and International Studies, und unterstützt kontroverse lokale NGOs wie etwa Myanmar Egress. Der NLD-Politiker U Tin Oo hat diese Beziehung treffend als “Vermittlung zwischen den regierenden Cliquen und der National Democratic Force (NDF)” bezeichnet, die von NLD-Abtrünnigen geformt wird, welche die Wahlen unterstützen. Kürzlich hat die FES ein öffentliches Forum in Berlin veranstaltet, wo zwei von Birmas lautstärksten Stimmen zugunsten der Wahl auftraten: Khin Zaw Win, ein früherer politischer Gefangener und NGO-Aktivist, und Nay Win Maung, der Kopf von Myanmar Egress. Angeblicher Zweck ihrer Anwesenheit war, die vielfältigen Stimmen von Birmas Zivilgesellschaft zu repräsentieren. Zu dem Duo gesellte sich  zudem Andreas List, dem für Birma zuständigen EU-Sachbearbeiter, der ebenfalls eine starke Position zugunsten der Wahlen vertritt. Für viele Beobachter stellte dies ein Widerspruch zur erklärten Mission der FES dar, Pluralismus in den Stimmen aus und über Birma zu fördern.

Der 90 Jahre alte U Tin Oo, NLD-Mitbegründer und ranghoher Kollege von Suu Kyi, nahm dies zum Anlass, ein offizielles Schreiben an List zu verfassen, worin er die tiefe Besorgnis seiner Partei angesichts von EU-Vertretern zum Ausdruck brachte, die solchen nicht repräsentativen Experten ein Podium bieten. Tatsächlich geht diese Produktion von elitären “zivilgesellschaftlichen Stimmen” bereits einige Jahre vonstatten. Einige Europäische Institutionen – so wie die Europäische Kommission, das britische Department of International Development (DFID) und das Foreign and Commonwealth Office, das niederländische Oxfam Novib und Action Aid, um nur einige zu nennen – haben sich als Geldgeber beim Aufbau und der Förderung eines kleinen aber einflussreichen Kreises von “zivilgesellschaftlichen Akteuren” hervorgetan. Dabei haben sie sich birmanische Stellvertreter herangezogen, um die Vermarktung der dortigen Wirtschaft und eine Durchdringung der Politik von NGOs voranzutreiben, und dies auf Kosten der Opposition im Besonderen und der Öffentlichkeit im Allgemeinen.

In vielen der strategischen Diskussionen hinter verschlossenen Türen über Birma, denen der Autor in den letzten Jahren in London, Bangkok, Washington und Brüssel beiwohnen durfte, haben selbsternannte Experten der Staatenbildung und ihre westlichen Geldgeber eine höchst problematische Perspektive gefördert. Es ist unfassbar, dass, ihnen zufolge, gerade die 2000 birmanischen Dissidenten hinter Gittern, Suu Kyi mit eingeschlossen, und ihre Unterstützer im Exil das wahre Hindernis einer wirtschaftlichen Entwicklung in Birma darstellen sollen. Dies ist die Botschaft an sympathisierende Zuhörer, die Vertreter westlicher Regierungen mit eingeschlossen, UN-Funktionäre und Expertenkommisssionen, sowie Vertreter multilateraler Finanzeinrichtungen. In einigen Fällen ziehen nach Birma entsandte Diplomaten, im krassen Unterschied zum offiziellen Standpunkt ihrer Regierungen, im privaten Gespräch über die eingesperrten Dissidenten und ihre “Unfähigkeit, pragmatische und praktische Veränderungen herbeizuführen” her, während ihre Regierungen daheim lautstark das birmanische Regime wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilen.

Die Birmanen sind entsetzt zu sehen, wie bereitwillig Außenstehende solch falsche Theorien begrüßen, wie etwa die Idee, dass eine mangelhafte Wahl immer noch besser sei als gar keine. Dabei werden örtliche Eliten wie Khin Zaw Win und Nay Win Maung benutzt, die es gelernt haben, die “Sprache der Zivilgesellschaft” zu sprechen, während sie sich selbst als etwas Besseres als die übrigen Birmanen betrachten. U Aye Thar Aung, der prominente arakanesische Politiker, hat diese Unterstützung der wahlfreundlichen Elite von außen als “Vewässerung von Gift” bezeichnet. Nichtsdestoweniger erfüllt das Mantra von der “Bereitschaft, die Lage nach den Wahlen auszunutzen” einen guten Teil des launischen strategischen Diskurses von Washington und Bangkok bis nach Brüssel und Berlin – eine bedeutsame Verschiebung von der früheren Haltung der selben Leute, dass bereits die Wahl der Zug sei, auf den die Opposition aufzuspringen habe.

Das größte Paradox jedoch besteht darin, dass in der Werbung für die Zivilgesellschaft als wichtigstem Richtungswechsler in Birma gerade die sprichwörtlichen Massen keinen Platz erhalten haben. Selbst die birmanische Öffentlichkeit kauft einem diese paternalistische Sichtweise, dass wirtschaftlicher Wohlstand, politische Freiheit und ethnische Gleichheit von einer Zivilgesellschaft “Made in EU” kommen können, längst nicht mehr ab.

Weiter wie geplant

Der Großteil der birmanischen Opposition gibt trotz der zwei Jahrzehnte währenden Bemühungen des Regimes um Vereinnahmung und Vernichtung nicht etwa klein bei. Genauso wenig hegt die birmanische Öffentlichkeit große Erwartungen an einen “Strukturwandel” nach den Wahlen. Trotz internationaler Spekulationen der Medien, die einem unverbürgten Optimismus das Wort reden, hat der Großteil der Bevölkerung gegenüber den herannahenden Wahlen eine indifferente Haltung eingenommen. Dies hat sogar Khin Maung Swe von der die Wahlen unterstützenden NDF öffentlich zugegeben. Diese Gleichgültigkeit der Wähler mag eine Reaktion auf  die Gleichgültigkeit des Regimes sein, das das Allgemeinwohl völlig missachtet. Dies gilt nicht nur für den Fall des regulären öffentlichen Lebens, wie zum Beispiel im völligen Fehlen eines staatlich geförderten sozialen Netzes und sozialer Dienstleistungen ersichtlich wird, sondern auch in Zeiten nationalen Notstandes, wie etwa nach dem Zyklon Nargis im Mai 2008.

Warum sollte sich die birmanische Wählerschaft für die heraufziehenden Wahlen interessieren, nachdem doch das Regime keine der öffentlich respektierten Dissidenten zugelassen hat? Jeder Dissident, den die Generäle in ihrer 22-jährigen unpopulären Herrschaft als Bedrohung wahrnahmen, sitzt hinter Gittern oder wurde ins Exil verdrängt. Das ergibt somit eine Anzahl von über 2000 potentiellen Kandidaten, die nicht an den Wahlen teilnehmen können – Personen mit wertvollem beruflichem Hintergrund, Jahren an Erfahrung im Aufbau von politischen Organisationen und mit wirklicher Unterstützung durch die Bevölkerung. Zudem rekrutieren sie sich aus einer breiten Basis ethnischer und religiöser Provenienz.

Während das Regime den Nachbarn und der gesamten Welt erzählt, dass die Vorbereitungen zur Wahl wie geplant voranschreiten, knebelt die Wahlkommission Kandidaten bei politischen Schlüsselthemen und löst zehn etablierte politische Parteien auf, darunter die NLD. Darüber hinaus hat es, seit ihm klar geworden ist, dass seine eigene Partei Union Solidarity and Development Party (USDP) nicht in Gebieten der ethnischen Minderheiten wie den Kachin, Karenni, Karen, Mon, oder Shan gewinnen kann, die  Wahlen in etwa 200 Dörfern schlichtweg gestrichten. Als Begründung dient ihm, dass infolge von Sicherheitsbedenken in diesen Wahlkreisen keine “freien und fairen Wahlen abgehalten” werden könnten. Dieser Schachzug führt zu einer Win-win-Situation zugunsten der Generäle, da nun der Weg geebnet ist, um diese Gebiete zu “schwarzen Zonen” zu erklären, wo die Bevölkerung in die Schusslinie der Armee mit dem Befehl zur gezielten Tötung gerät. Gleichzeitig hat die Wahlkommission 14 Politikern der ethnischen Gruppe der Kachin die Registrierung verweigert, da sie befürchtet, sie könnten starke Unterstützung unter der örtlichen Bevölkerung und von der Kachin Independence Army (KIA) erhalten. Die KIA hat mit dem Regime ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen, weigert sich nun jedoch, sich in eine Grenzschutztruppe unter staatlichem Oberkommando umwandeln zu lassen.

Das Regime hat zudem eine Registrierungsgebühr von 500 US Dollar pro Kandidat festgelegt, was eine unerhört hohe Summe in einem Land darstellt, wo das jährliche Pro-Kopf-Einkommen rund 200 Dollar beträgt. Das Ergebnis kann nicht überraschen: Sogar die NDF (die größte der neuen pro-demokratischen Parteien, betrieben von NLD-Abtrünnigen) und die Democracy Party (Myanmar), an deren Spitze drei bekannte Töchter von Premierministern einer lang verflossenen zivilen parlamentarischen Epoche stehen, kann nur eine Gesamtzahl von 200 Kandidaten ins Rennen schicken, bei etwa 1000 möglichen Plätzen. Im Kontrast dazu treten die regimeeigene USDP und die regimefreundliche National Unity Party (NUP), in der ehemaliges Militärpersonal aus den Zeiten des ersten birmanischen Diktators Ne Win kandidieren, in praktisch allen Wahlkreisen an.

Während der vorangegangenen Wahlen im Jahr 1990 hatten die birmanischen Generäle ähnlich drakonische Wahlgesetze verabschiedet. Dutzende von Parteien, die NLD eingeschlossen, nahmen dennoch teil. Die Generäle, die ursprünglich davon überzeugt waren, dass die Opposition zu zersplittert sei, um die regimefreundliche NUP der Militärs zu besiegen, wurden von einem erdrutschartigen Sieg der NLD überrascht, in der sie 82 Prozent aller Parlamentssitze und 60 Prozent der Stimmen gewann. Zurückgeführt wurde das Ergebnis auf taktisches Wählen, indem sich  Wähler bei anderen Parteien registrierten als sie letztendlich wählten.

Diesmal gehen die Generäle kein Risiko ein. Das Regime könnte sogar die Partei der NLD-Abtrünnigen, die NDF disqualifizieren, die momentan die drittgrößte Anzahl von Kandidaten ins Rennen schickt, nämlich 161. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die NDF politische und, so wird behauptet, auch finanzielle Unterstützung aus dem Ausland wie etwa EU Regierungen und Stiftungen über Stellvertreter-NGOs wie Egress erhält – beides ist durch die birmanische Verfassung von 2008 untersagt.

Ein Mehr an Zivil

Jeder Student, der den Übergang von Regimen zur Demokratie studiert, weiß, dass Wahlen einen notwendigen Bestandteil in allen sich entwickelnden demokratischen oder semi-demokratischen Systemen darstellen. Für sich allein genommen jedoch ist eine Wahl nichts wert, vor allem wenn im weiteren Zusammenhang weiterhin Unterdrückung herrscht. Mit Blick auf die handfesten Repressionen in Birma werden es selbst die Befürworter der Theorie, dass mangelhafte Wahlen immer noch besser seien als gar keine, äußerst schwer finden, den sich über den Wahlen zusammen ballenden dunklen Wolken etwas Positives abzugewinnen.

Ein zentraler Kritikpunkt gegen die prinzipientreue Gegnerschaft der Wahlen besagt, dass Birmas vom Volk ausgegangene Revolten stets überwältigende Misserfolge waren. Jede neue Welle massenhafter Opposition seit 1962 wurde stets mit Kugeln und Bajonetten niedergeschlagen. Was aber die Befürworter dieser Kritik bequem übersehen, ist die Tatsache, dass erfolgreiche Massenaufstände, von den Philippinen eines Marcos bis hin zu Suhartos Indonesien, stets von äußeren Ereignissen begleitet wurden. Auf den Philippinen, zum Beispiel, handelte es sich um den Rückzug der amerikanischen Unterstützung für Marcos. In Indonesien hatte der Zusammenbruch des asiatischen Finanzmarktes Suhartos Griff entschieden gelockert. Tatsächlich wurde keine Kolonialherrschaft oder faschistische Okkupation in der Geschichte ohne erheblichen externen Impuls beendet, so wie internationale Solidarität immer eine elementare Rolle in erfolgreichen Revolutionen gespielt hat. Die Birmanen jedoch sind in ihrem Kampf gegen das Regime auf sich selbst gestellt, während die internationale Gemeinschaft lediglich Lippenbekenntnisse ablegt – obwohl eine Persönlichkeit wie Suu Kyi im Zentrum des birmanischen Überlebenskampfes gegen die Generäle steht. Wenn man nun die Opfer und mit ihnen die Dissidenten für die Lage verantwortlich macht, so wie es momentan in der Diskussion um Birma geschieht, so fügt man dem Schaden nur noch seinen Spott hinzu.

Diejenigen lokalen und globalen Personen und Institutionen, die die Wahl der Generäle befürworten, bevorzugen die zu erwartenden Ungewissheiten bei Strukturen und Institutionen gegenüber der Gewissheit einer fortgesetzten politischen Pattsituation zwischen der Opposition und dem herrschenden Militär. Für die Birmanen ist das alles nichts Neues. Am 12. Jahrestag der Herrschaft des Revolutionsrates von General Ne Win im Jahr 1974 wurde der birmanischen Wählerschaft eine neue Verfassung angeboten, die den damals herrschenden Generälen zufolge von 91 Prozent aller Wahlberechtigten angenommen wurde. Danach wurden Wahlen in einem sozialistischen Einparteiensystem abgehalten. Über Nacht bekam die Öffentlichkeit eine nominelle Gewaltenteilung, ein Volksparlament und eine Massenpartei mit breiter Basis, und alles unter der Führung von “Generälen in Zivil”. Ein Sprung ins Jahr 1988, und all diese Strukturen und Institutionen fielen ins sich zusammen wie ein Kartenhaus inmitten einer Serie von landesweiten Volksaufständen.

Gedächtnisschwund bei der eigenen Geschichte mag das Markenzeichen mancher Völker sein, die Birmanen aber sind sich ihrer Vergangenheit sehr wohl bewusst. Sie wissen, dass die nun angebotenen Veränderungen nur kosmetischer Natur sind. Insbesondere wissen es diejenigen Birmanen, die die erste Periode der Militärherrschaft mit ziviler Maske überlebt haben. Sie haben sogar eine Redewendung dafür: “Wir sind bereits einmal gestorben und kennen den Preis eines Sarges”, was so viel heißt wie: Wir haben nicht vor, politischen Selbstmord zu begehen und mit dem Tod zu flirten. Europa, das vor nur 60 Jahren faschistische und nationalsozialistische Okkupationen durchlebt hat, hat bereits die grundlegenden Lehren seiner eigenen Geschichte vergessen: Dass keine Tyrannenherrschaft kampflos aufgibt.

Was die birmanische Öffentlichkeit – und 2000 eingesperrte Dissidenten – von westlichen Regierungen und anderen Institutionen heute brauchen, ist, dass letztere aufhören sich so zu gebärden als ob Außenministerien in Europa, Pseudoexperten in Washington oder die globale humanitäre Industrie wüssten, was für die Menschen in Birma am besten ist. Sie müssen aufhören, den Generälen ihr falsches Gerede über die Wahlen nachzuplappern. Und wenn sie wirklich so gar nicht dazu bereit sind, echte Solidarität für Birmas jahrzehntelangen Kampf gegen hausgemachte Tyrannen, in Uniform oder Zivil, aufzubringen, dann sollten sie doch zumindest einem neuen Mantra folgen: Richten Sie keinen Schaden an, weder der birmanischen Opposition im Besonderen, noch der birmanischen Öffentlichkeit im Allgemeinen.

Autor: Maung Zarni, Oktober 2010

Quelle: Himal, Southasian

Übersetzung von mir.


  1. nach dem Krieg, Anm. d. Übers.

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For a change, engage with the engaged

A quote worth being noted by many Western institutions and governments, not excluding the European Commission:

No government or local or external actor can claim to support genuine democratic change while disengaging from dissidents at best and quietly undermining them at worst.
It is, however, dissidents—monks, civilians, student activists, labor activists, ex-army men, ethnic resistance fighters and so on—who have risked life and limb to keep their uphill battle for real change going against all odds and pressurize the paranoid regime by their mere existence and their refusal to capitulate.
If dissidents didn’t matter why would the regime keep several thousands of these citizens locked up and push thousands more into permanent exile?
Building the capacity of Burma’s so-called civil society and the presence of humanitarian INGOs are valuable and to be welcomed, but neither is a substitute for a political struggle.

Read the full commentary/analysis here: Six Reasons to Welcome US Support for War Crimes Probe

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Hypocritical engagement

China’s, Thailand’s and India’s engagement in Burma, aptly put in a cartoon:

by Harn Lay, www.irrawaddy.org

by Harn Lay, www.irrawaddy.org

When forced to choose priorities, some people reveal their inhuman faces.

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