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Deutsche Entwicklungshilfe: Hilfsbereitschaft oder Reiselust?

In einem interessante Beitrag fordert Johann Hari, dass nicht bloß Dominique Strauss-Kahn vor Gericht solle, sondern der ganze IMF. Die Kritik ist, zugegebenermaßen, nicht ganz neu, aber in meinen Augen gut vorgetragen. In einer Zeit, in der internationales Verantwortungsbewusstsein an militärischem Engagement gemessen wird, während man bei verkleideten Militärregimen ruhig mal ein Auge zudrückt und die politische Opposition verhungern lässt (nur bildlich gesprochen – denn Sponsoren wie die Europäische Kommission gaben in letzter Zeit für Human Rights Defenders und Non-State Actors nur Geld für offizielle Aktivitäten innerhalb des Landes, was faktisch alle regimekritischen Projekte ausschließt), bahnen sich in Deutschland Reformen an.

Ende Mai stellte der deutsche Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz ein neues Menschenrechtskonzept vor, das vor allem in der Entwicklungshilfe (offiziell: “Entwicklungszusammenarbeit”) Früchte tragen soll. Das Bundes­ministerium für wirt­schaft­liche Zu­sammen­arbeit und Ent­wick­lung verstärke demnach die Ein­forde­rung und Umsetzung von Menschen­rechten. Das klingt nach meiner Ansicht gut, handelt es sich doch um ein bekanntes Defizit der ansonsten eher auf wirtschaftliche Prioritäten und Vermeidung von politischen Verstimmungen konzentrierten deutschen Außenpolitik.

Die Reform führt unter anderem zu einer Zusammenfassung verschiedener Bereiche in der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), beschreibt die neue Richtung in einer für die FDP ungewohnten Vorgehensweise: “Wir tragen keine Gelder der Wirtschaft hinterher, sondern machen es umgekehrt: Wir versuchen, die Wirtschaft für mehr Entwicklung zu begeistern.” Die Frage bleibt bestehen, ob Begeisterung das selbe wie Verantwortungsbewusstsein ist. Ethische Selbstverpflichtungen der Wirtschaft haben gewöhnlich nur wenig Kraft im Vergleich zu Profitstreben – das liegt bereits im Prinzip begründet.

“Wir beseitigen das Wirrwarr”, sagt Beerfeltz über Reformen, neue Ansätze und Machtverhältnisse in der deutschen Entwicklungshilfe. »Good Governance« sei nicht mehr das Ergebnis, sondern die Voraussetzung für Hilfe. Im Zitat: “Wir wollen Gegen-Eliten aufbauen. Selbst dort, wo es Demokratien gibt, wechseln sich oft ein paar mächtige Familien an der Machtspitze ab. Wenn man Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und schließlich auch Investitionssicherheit will, braucht man Gegen-Eliten. Journalistenausbildung, Talentsuche und Managementförderung ist für uns auch deshalb ein wesentlicher Punkt.” Das klingt wie eine handfeste Revolution in der deutschen Außenpolitik, wenn ich daran denke, wie in Birma bislang die regimenahen Institutionen und NGOs (etwa Myanmar Egress) hofiert wurden. Wird sich das nun ändern?

Und Beerfeltz spart nicht mit Kritik an den bisherigen Motiven: “Die Kollegen aus wichtigen anderen Bundesressorts, die bereit sind, sich mit viel Herz auch für eigene Projekte in unseren Partnerländern zu engagieren, sollten uns das wenigstens erklären: Ist es Hilfsbereitschaft oder Reiselust, was sie dazu bewegt?” Entwicklungszusammenarbeit aus Reiselust ist ein interessanter Aspekt, der mir noch gar nicht eingefallen ist.

Neu seien neben gesteigerter Effizienz (im Sinne der UN Millienniumsziele) auch eine verbesserte Qualitätskontrolle. Ein unabhängiges Institut zur Evaluierung solle noch gegründet werden. Die deutschen Geldgeber wollten dabei mehr Kontrolle im Umgang mit anderen Regierungen, und zwar per Scheckheft: “Wer sich fehlverhält, bekommt Geld weggenommen, andere werden belohnt.”

Und dann gab es da noch eine Gehaltsabsenkung für die Vorstände der GIZ um “lächerliche” 100.000 Euro im Jahr. Das ist in manchen Ländern immerhin das komplette Jahresbudget für mehrere NGOs. Mit diesem Schritt solle vor allem verhindert werden, dass Posten politisch besetzt würden. Mich erinnert es ein wenig an internationale Konferenzen zur Bekämpfung des Hungers, wo allein schon das verschwenderische Buffett einen entscheidenden Aspekt des Problems zu symolisieren scheint.

Das Echo auf die Reform und den konzeptionellen Sinneswandel scheint positiv zu sein: Das FORUM MENSCHENRECHTE etwa begrüßt das neue Menschenrechtskonzept. Es klingt in der Tat vielversprechend, und sicherlich ist es nicht falsch, diese Versprechen vernehmlich zur Kenntnis zu nehmen, um später dann ihre Einlösung umso besser einfordern zu können. Die Umsetzung steht schließlich noch aus. Man darf gespann sein.

Danke ans Asienhaus für das Thema und die Links!

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