Author Archives: Christoph Amthor

About Christoph Amthor

Co-founder of Burma Center Prague, presently project manager at the "India Project" and author of countless unnoticed scribblings.

Außenpolitik ohne Rückgrat

Was hat die deutsche Außenpolitik nur gegen Aung San Suu Kyi? Ist das ein Erbe der DDR, die eine Uniform jedem Dissidenten vorgezogen hat? Hat sich über Sprachlehrer und Akademiker ein gewisses Naserümpfen über ein für deutsches Befinden sehr ordnungsfremdes, emotionales und oft in sich inkonsistentes Verständnis von Demokratie bei birmanischen Aktivisten bis in die Ebenen der Diplomatie und Wirtschaftsstrategen forgetragen, wo es auf ein ohnehin schon nicht ganz einfaches Verhältnis zur Basisdemokratie getroffen sein mag?

Der Artikel “The Eye of the Storm” von Aung Zaw, dem Chefredakteur vom Irrawaddy, beschreibt es so vielsagend, dass ich es hier einfach (übersetzt) zitiere:

Zusätzlich zum Drängen auf internationale Unterstützung für Thein Sein und seine neue Regierung waren Einige in der internationalen Gemeinschaft bemüht, Suu Kyi in die Bedeutungslosigkeit zu drängen. Tatsächlich hat der deutsche Botschafter in Birma, Julius Georg Luy, monatelang versucht gehabt, Suu Kyi auf den selben Platz zu verweisen wie Vertreter kleiner demokratischer Parteien, denen Birmas Militärregime erlaubt hatte, in den vorgetäuschten Wahlen Parlamentssitze zu gewinnen, um ihnen so Legitimität zu verleihen.

Am 14. März hielten die europäischen Botschafter in Birma ein Treffen hinter geschlossenen Türen ab, um über ihre Positionen bezüglich der damals anstehenden Neubewertung der EU-Sanktionen zu diskutieren. Wie eine gut informierte Quelle verraten hat, hat sich der deutsche Botschafter dagegen ausgesprochen, Suu Kyi’s Namen in offiziellen EU-Verlautbarungen zu erwähnen.

 

Luy sei, so der Artikel, auch gegen ein gesondertes Treffen mit Suu Kyi – immerhin die unangefochtene Oppositionsführerin und Siegerin der letzten demokratischen Wahlen im Land – gewesen. Der Eindruck drängt sich folglich auf, dass hier die deutsche Diplomatie versucht, sich beim Regime durch besondere Stromlinienförmigkeit hervorzutun.

Es ging hier ganz eindeutig nicht darum, den Dialog jenseits von Suu Kyi zu erweitern oder einen naiven und kontraproduktiven Personenkult um ihre Person zu vermeiden – beides sehr legitime Ansinnen. Dem damaligen Diktator Than Shwe war sie ein Dorn im Auge, so dass nun einige, statt den Diktator zu bekämpfen, vielmehr versuchten, den Dorn zu beseitigen. Warum?

Vielleicht sind es ganz banale wirtschaftliche Interessen, es geht um Geld und den deutschen Komplex, den man seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges mit seiner ökonomischen Superpotenz zu heilen versucht, mit Qualität Made in Germany und Export(ex)weltmeistertiteln. Wo immer in der Welt die Kolonialmächte verschwunden sind, dort kommt nun die Nation, die mit ihren Kolonien immer in der zweiten Liga hat spielen müssen. Vielleicht aber ist es auch ganz einfach nur eine Obrigkeitsethik, der zufolge jede Autorität ein Beleg von Erfolg ist und somit ihre Legitimität im Sinne des Leistungsdenkens automatisch in sich trägt. Und jede Junta und ihre demokratischen Fassaden erfüllen natürlich auch die Sehnsucht nach Ordnung und berechenbaren Zuständen.

Dies sind nur ein paar unverbindliche Erklärungsversuche, die mir einfallen, wenn ich die Motive für den Versuch, die Dissidentin politisch auszuschalten, zu verstehen versuche. Der Begriff “vorauseilende Gehorsamkeit” fällt mir ein – leider wohl noch immer ein peinliches Stück deutschen Kulturgutes. Wenn Birma eines Tages zur wirklichen Demokratie finden wird, dann wird man als Deutscher wohl nur sehr kleinlaut – oder mit dickem Portemonnaie – ins Land reisen können. Erwartungsgemäß eher mit dickem Portemonnaie.

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5th Anniversary of Burma Center Prague

Yesterday, we marked the 5th anniversary of the organization Burma Center Prague since its official registration at the municipal court in Prague with a special event. For me the work for Burma has started in 2004 at Amnesty International with a campaign for a Burmese prisoner of conscience who, fortunately, was released even before we could launch it. In 2005 we collected birthday wishes for Aung San Suu Kyi on the One World film festival in Prague. It was during that time that Sabe and I realized that we could not make a real impact and fulfill our idea of sustainable and continuous work for Burma if we continued merely as individuals.

The Burma Center Prague has taken shape in early 2006. But it took still a long way until we came here where we are today. I remember the days when we used only private computers for the office work (I realize that I’m still doing so now) in our living room where we also stored all kinds of materials for campaigns, exhibitions etc. It was only in 2009 when we managed to get funding that enabled us to rent an office and afford a full-time salary that, presently, is shared by 3 employees. (Better projects to come – stay tuned!)

I remember the times when grant-seeking efforts and administration took enormous investments both in terms of finance and time so that more than once we considered returning to regular employment and making our work for Burma a mere free time activity. The policies and moods of International grant-making institutions and a sociocultural and business environment that is often little welcoming to charitable activities continuously nourished thoughts about moving to other places or forms of operation. Then the arrival of Burmese resettlement refugees to the Czech Republic surprised us with a fait accompli and our work gained an additional dimension.

We could never have come that far without the help of volunteers, donors and friends who believed in our mission and our work. So I conclude this short retrospection with my sincerest thanks to them!

 

The event in images

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Support Burmese Grassroots through Microgrants

Finally we are able to launch the 2011 round of our microgrant program. Please check out the projects at microgrants.burma-center.org.

For a grassroots group run by Burmese refugees in Delhi or Mizoram, a few hundred dollars can mean the difference between dreaming of a needed project or launching it. These self-support groups are mostly the only ones who provide essential services to the refugees like health care, legal advisory or vocational training. And our program has proven last year that once started these activities can often continue from own sources, and many generations of refugees will benefit from the skills that were acquired.

During the Burma Center Prague team’s trip to India in July, we selected the best 13 projects of those submitted by Burmese refugee organizations. The projects cover activities in Delhi or in northeastern India, and project ideas came from the Burmese after they successfully attended our project management training.

This year again we have projects covering a wide range of issues, from the provision of healthcare, computer and Internet access, human rights training, and news publishing to running a women’s shelter. The activities will run until the end of December at the latest, which means we have sufficient time to obtain the necessary additional resources.

Please head over to our site at microgrants.burma-center.org and read through the project descriptions to choose the project you like the most. The minimum contribution is just 500 CZK (approx. €20 / US$29), and the total amount will go directly to the project. Burma Center Prague covers all other costs for running the project. Of course, you are welcome to support more than one project! Payment can be made easily by card or bank transfer.

Thank you for your ongoing support!

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Microgrants 2011: Getting Ready for Relaunch

After the trip of two team members to India in July, we are now adapting the website for the new microgrants. While we still need some time to enter all the information, you can already check out the list of projects here. (Smaller editorial changes may occur here and there ;-) )

And, if you don’t know it yet: You can sign up for our special newsletter where we update you as soon as we relaunch the program and on the further development.

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Intelligente Dialogpartner, nützliche Idioten oder skrupellose Geschäftemacher?

Das Engagement deutscher Rüstungskonzerne in Staaten mit schlechtem Ruf gibt schon fast keine Schlagzeilen mehr her. Über frühere Investitionen in die birmanische Militärdiktatur kann man etwa hier nachlesen.

Foto: Wikipedia

Wie der birmanische Exil-Sender Democratic Voice of Burma nun berichtet, scheint momentan die deutsche Waffenfirma Fritz Werner in Birma tätig zu sein – zwar nicht offen für die Rüstung, aber von Häfen und Flughäfen ist die Rede. Als Quelle dient eine regimenahe Zeitung, der es möglicherweise darum geht, mit dieser Darstellung eine Normalisierung der Beziehungen mit Europa zu belegen, wofür die deutsche Rüstungsindustrie als unschlagbarer Beleg zu dienen hätte. Dies käme dem Regime, das erst in den letzten Monaten einen Teil der uniformierten Machthaber gegen gleichgeschaltete Zivilisten (darunter ehemalige Armeeangehörige) ausgetauscht hat, zweifellos sehr entgegen.

Man darf nun mit Recht erstaunt sein, wenn angesichts wiederholter Meldungen wie dieser die deutsche Diplomatie jede Beteiligung oder ein Wissen von den Vorgängen dementiert.

"Ich glaube, es ist völlig durchgerostet!"

Handelt es sich also um Falschmeldungen, oder ist die deutsche Botschaft in Rangun fortwährend getäuscht worden? Oder wird da doch etwas gedeckt, was man beim besten Willen nicht als ethisch einwandfrei bezeichnen kann?

Die Exilzeitung The Irrawaddy hat auf die deutsche Außenpolitik eine deftige Titelzeile gemünzt: Intelligent Dialogue Partners or Useful Idiots? Dem Leser bleibt wohl nichts anderes übrig, als die Antwort aus dem vornehmen Schweigen des Auswärtigen Amtes heraus zu interpretieren. Ein sehr ungutes Gefühl bleibt in jedem Fall bestehen.

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Birthday event for Aung San Suu Kyi

Here are some photos we took at the birthday event for Daw Aung San Suu Kyi, as part of a global campaign. It was mainly organized by the organization People in Need and we contributed cartoons by Harn Lay and some words by our director.
One of the main reasons why we still held this event although the Lady is already released from house arrest are the over 2000 political prisoners in Burma. They are the proof that there is a lot wrong about the present Burmese “democracy”.

Check out our photos:

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Deutsche Entwicklungshilfe: Hilfsbereitschaft oder Reiselust?

In einem interessante Beitrag fordert Johann Hari, dass nicht bloß Dominique Strauss-Kahn vor Gericht solle, sondern der ganze IMF. Die Kritik ist, zugegebenermaßen, nicht ganz neu, aber in meinen Augen gut vorgetragen. In einer Zeit, in der internationales Verantwortungsbewusstsein an militärischem Engagement gemessen wird, während man bei verkleideten Militärregimen ruhig mal ein Auge zudrückt und die politische Opposition verhungern lässt (nur bildlich gesprochen – denn Sponsoren wie die Europäische Kommission gaben in letzter Zeit für Human Rights Defenders und Non-State Actors nur Geld für offizielle Aktivitäten innerhalb des Landes, was faktisch alle regimekritischen Projekte ausschließt), bahnen sich in Deutschland Reformen an.

Ende Mai stellte der deutsche Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz ein neues Menschenrechtskonzept vor, das vor allem in der Entwicklungshilfe (offiziell: “Entwicklungszusammenarbeit”) Früchte tragen soll. Das Bundes­ministerium für wirt­schaft­liche Zu­sammen­arbeit und Ent­wick­lung verstärke demnach die Ein­forde­rung und Umsetzung von Menschen­rechten. Das klingt nach meiner Ansicht gut, handelt es sich doch um ein bekanntes Defizit der ansonsten eher auf wirtschaftliche Prioritäten und Vermeidung von politischen Verstimmungen konzentrierten deutschen Außenpolitik.

Die Reform führt unter anderem zu einer Zusammenfassung verschiedener Bereiche in der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), beschreibt die neue Richtung in einer für die FDP ungewohnten Vorgehensweise: “Wir tragen keine Gelder der Wirtschaft hinterher, sondern machen es umgekehrt: Wir versuchen, die Wirtschaft für mehr Entwicklung zu begeistern.” Die Frage bleibt bestehen, ob Begeisterung das selbe wie Verantwortungsbewusstsein ist. Ethische Selbstverpflichtungen der Wirtschaft haben gewöhnlich nur wenig Kraft im Vergleich zu Profitstreben – das liegt bereits im Prinzip begründet.

“Wir beseitigen das Wirrwarr”, sagt Beerfeltz über Reformen, neue Ansätze und Machtverhältnisse in der deutschen Entwicklungshilfe. »Good Governance« sei nicht mehr das Ergebnis, sondern die Voraussetzung für Hilfe. Im Zitat: “Wir wollen Gegen-Eliten aufbauen. Selbst dort, wo es Demokratien gibt, wechseln sich oft ein paar mächtige Familien an der Machtspitze ab. Wenn man Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und schließlich auch Investitionssicherheit will, braucht man Gegen-Eliten. Journalistenausbildung, Talentsuche und Managementförderung ist für uns auch deshalb ein wesentlicher Punkt.” Das klingt wie eine handfeste Revolution in der deutschen Außenpolitik, wenn ich daran denke, wie in Birma bislang die regimenahen Institutionen und NGOs (etwa Myanmar Egress) hofiert wurden. Wird sich das nun ändern?

Und Beerfeltz spart nicht mit Kritik an den bisherigen Motiven: “Die Kollegen aus wichtigen anderen Bundesressorts, die bereit sind, sich mit viel Herz auch für eigene Projekte in unseren Partnerländern zu engagieren, sollten uns das wenigstens erklären: Ist es Hilfsbereitschaft oder Reiselust, was sie dazu bewegt?” Entwicklungszusammenarbeit aus Reiselust ist ein interessanter Aspekt, der mir noch gar nicht eingefallen ist.

Neu seien neben gesteigerter Effizienz (im Sinne der UN Millienniumsziele) auch eine verbesserte Qualitätskontrolle. Ein unabhängiges Institut zur Evaluierung solle noch gegründet werden. Die deutschen Geldgeber wollten dabei mehr Kontrolle im Umgang mit anderen Regierungen, und zwar per Scheckheft: “Wer sich fehlverhält, bekommt Geld weggenommen, andere werden belohnt.”

Und dann gab es da noch eine Gehaltsabsenkung für die Vorstände der GIZ um “lächerliche” 100.000 Euro im Jahr. Das ist in manchen Ländern immerhin das komplette Jahresbudget für mehrere NGOs. Mit diesem Schritt solle vor allem verhindert werden, dass Posten politisch besetzt würden. Mich erinnert es ein wenig an internationale Konferenzen zur Bekämpfung des Hungers, wo allein schon das verschwenderische Buffett einen entscheidenden Aspekt des Problems zu symolisieren scheint.

Das Echo auf die Reform und den konzeptionellen Sinneswandel scheint positiv zu sein: Das FORUM MENSCHENRECHTE etwa begrüßt das neue Menschenrechtskonzept. Es klingt in der Tat vielversprechend, und sicherlich ist es nicht falsch, diese Versprechen vernehmlich zur Kenntnis zu nehmen, um später dann ihre Einlösung umso besser einfordern zu können. Die Umsetzung steht schließlich noch aus. Man darf gespann sein.

Danke ans Asienhaus für das Thema und die Links!

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Is there a right way to travel to Burma?

Recently, the leading Burmese opposition party National League for Democracy (NLD) announced that it had revised its position on tourism. While the party had discouraged all tourism to Burma for decades, it is now prepared to welcome responsible travelers who are aware of the political implications of their visits and who behave responsibly.

Children helping their parents. Photo: www.khrg.org

Our Czech supporters know that the Burma Center Prague has developed a similar position in recent years. While we decided not to condemn all forms of tourism to Burma, we have clearly described several criteria that would turn even a well-meaning trip to Burma into a disservice to its people.

But is it possible to leverage all the advantages of responsible foreign travel to Burma for a positive development? And is it ethical to try to offset the unavoidable support of the regime by giving one’s maximum support to the people?

Only the future will tell whether or not responsible tourism will make a difference. What we believe is necessary to respond to the expected surge of foreign tourists to Burma is to raise the awareness of foreign tourists and of travel operators. They are responsible for their choices. And we are trying to do this in a relatively unusual way, by storytelling. We will display stories by travelers and by locals side-by-side and thus highlight each issue from different viewpoints. And we want to break a common pattern where development issues are tackled with locals serving only as passive placeholders without being able to raise their own voices. Finally, we want to empower these locals also through capacity building. If they don’t know about the issues or their rights, then they won’t be able to do real work on the ground.

According to this concept we have chosen the motto:

Empower People. Contribute Stories. Own your choices.

You can find the website at www.ecoburma.com.

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